keine zeit für das wesentliche!? mathematik erklärt, wie es klappt

Wir alle arbeiten im Extrem zwischen Null Arbeitsstunden und dem Zusammenbruch.

Dazwischen liegt irgendwo das Optimum.

Vom Optimierungswahn beflügelt, wollen wir meist

maximale Leistung erreichen, statt die optimale anzustreben.

 

Warum das falsch ist, erklärt uns die angewandte Mathematik.


Den mathematischen Zusammenhang zwischen der Arbeitsdichte und dem Stau, der durch zu hohe Arbeitsdichte entsteht, beschreibt die „Warteschlangenformel“.

 

Die Erkenntnis stammt im Wesentlichen von dem dänischen Mathematiker Agner Krarup Erlang, der Anfang des vergangenen Jahrhunderts die sogenannte Warteschlangentheorie (queueing theory) begründete.

Unterhaltsam und verständlich erklärt hat das Gunther Dueck in seinem Buch "Schwarmdumm: So blöd sind wir nur gemeinsam".

 

Die Formel besagt, dass zu hohe Überlastung ein Wartechaos unerledigter Vorgänge erzeugt.

 

Das überrascht uns nicht!

Aber warum glauben wir immer wieder, mit vollgestopften Terminkalendern

und überhöhten Arbeitszielen, optimale Ergebnisse generieren zu können?

 

Es gibt für das, was wir längst wissen, aber nicht wahrhaben wollen, die passende Formel (ganz einfach und kompakt zusammengefasst):

Die durchschnittliche Länge einer Warteschlange hängt mit der Auslastung der verantwortlichen Arbeitskraft über die Warteschlangenformel zusammen.

Hier das klassisches Beispiel einer Kassenkraft:

Diese arbeitet mit 80% Auslastung. Der Auslastungsgrad wir mit 0,80 (Prozentzahl in Dezimalen) angegeben.

Es kann vorkommen, dass kein Kunde an der Kasse steht, dass gerade ein Kunde bedient wird und keiner sonst wartet oder dass ein Kunde bedient wird und andere Kunden warten.

Bei Warteschlangen sind mathematisch zwei Größen interessant, die man aus dem Auslastungsgrad berechnen kann.

  • Auslastung / (1 – Auslastung) = erwartete Anzahl der Kunden an der Kasse
  • Auslastung * erwartete Anzahl der Kunden an der Kasse = erwartete Länge der Schlange

 Das heißt für unser Beispiel :

0,80 / (1 – 0,80) = 4,0 

0,80 * 4,0 = 3,2

Und unter der Annahme, dass die Kunden zufällig hereinkommen, ist die Warteschlange in diesem Beispiel im Durchschnitt etwa 3 Kunden lang.

Erhöht sich die Arbeitszeit auf fast maximale 95% Arbeitszeit, können wir jetzt berechnen, wie sich die Warteschlange an der Kasse entwickelt.

0,95 / (1 – 0,95) = 19

0,95 * 19 = 18,05

Die erwartete Länge der Schlange besteht bei nur 15% mehr Arbeitsauslastung,  jetzt im Durchschnitt aus 18!!!!!! Kunden, also 15 mehr als zuvor.

Der Laden kann dicht machen.

 

Diese Formel hat besondere Bedeutung für Notärzte, Feuerwehr oder Armee. Da darf es keine keine Warteschlangen geben.

Sie sollten mit einer möglichst geringe Auslastung arbeiten.

 

Was ist nun ein ein sinnvoller Richtwert für den persönlichen Auslastungsgrad?

 

Insbesondere wenn wir in Bereichen arbeiten in denen

  • unerwartete Dinge passieren und
  • Ausnahmen an der Tagesordnung sind, für die wir Zeit brauchen

ist eine hohe Arbeitsauslastung falsch.

 

Ab 85 % Auslastung erhöht sich die Fehlerrate. Warum?

 

Die Pipeline der zu erledigten Aufgaben ist über 5. Man muss priorisieren, welche Anfrage/Entscheidung/Problem/ Projekt als nächstes bearbeitet werden soll, was zusätzlichen organisatorischen Aufwand bedeutet.

Oft sind das dann die kritischsten Projekte, die bereits an der Schwelle zum Scheitern sind.

Die in der Warteschlange befindlichen „einfachen Themen“ lösen sich aber durch die Wartezeit nicht von selbst und verursachen oft, wenn sie dann „dran“ sind, durch die Verzögerung erzeugte zusätzliche Schwierigkeiten.

Es fällt Mehrarbeit an. Dadurch steigt die Auslastung weiter – Stress und Fehlerrate ebenso.

Unter Zeitdruck getroffene Entscheidungen sind dann oftmals die Folge und nicht die immer die Besten.

Aktionismus, Abteilungsrivalitäten und ständige Kontrolle folgen. Die Spirale der Mehrarbeit dreht sich weiter.

 

Dazu kommt, dass Menschen in Führungspositionen die entscheidende Aufgabe zukommt, sich auch mit langfristigen Strategien zu beschäftigen, für das Unternehmen die zukünftigen Weichen zu stellen und planerisch (nach-) zu denken.

Oft hört man jedoch:

  • „Wir haben in unserem Projekt jetzt wirklich keine Zeit uns mit Visionen, Strategien oder Erfolgsfaktoren zu beschäftigen, wir müssen hier schließlich produktiv sein!“
  • „Das dringlichste Tagesgeschäft frisst mich auf?“
  • "Fortbildungen - Tagungen - über den Tellerrand schauen: Das geht nicht. Wichtig wäre es ja!“
  • „Innovationen: Demnächst vielleicht, wenn wieder mal Zeit ist!“

Von der Mathematik lernen:

Nicht 100% Arbeiten, sondern MINDESTENS 15%-20% der Arbeitszeit unverplant reservieren, um Raum für gesunde Projekte, für neue Ideen, für Notfälle zu haben. Sich diese Zeit freizuhalten, ist sicherlich "Arbeit", aber macht den Unterschied!

Denn damit sorgen Sie dafür, dass innovative Ideen und nachhaltige Projekte nicht an einer Warteschlange zerschellen, sondern zu langfristigem Erfolg führen.